19.10.2015 „Bauer sucht Arzt“ mit Hilde Mattheiss

v.r. MdB Hilde Mattheiss, Bernd Laages

Der Abend mit den diskussionsfreudigen Bürgern war ganz nach dem Geschmack des zweiten Vorsitzenden der Hornberger SPD, Bernd Laages, und der SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis.

Was sich bei den aktuellen Gesetzen tut, wie schwierig sich die Zusammenarbeit auf politischer Ebene gestaltet, wie innovativ hiesige Mediziner bereits sind und welche Sorgen und Nöte sie haben, das alles waren Themen der Hornberger SPD beim Abend über den Ärztemangel.

Zwar betonen immer alle, dass der Patient im Mittelpunkt stehe, doch dieser ging auch am Montagabend bei der Veranstaltung »Bauer sucht Arzt« der Hornberger SPD ziemlich schnell wieder unter. Zu groß ist das Geflecht aus Macht und Geld, zu zahlreich und zu verschieden die beteiligten Akteure, die um ihre jeweiligen und sicher durchaus berechtigten Interessen feilschen.

Denn wie da gearbeitet wird –  oder auch nicht –, darüber brachte die SPD-Bundestagsabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecherin, Hilde Mattheis, Licht ins Dunkel. Und das ziemlich schonungslos.  Denn die Gesundheitsversorgung sei wegen der unterschiedlichen Interessen nicht optimal und das Machtgefüge ein »dickes Problem«. Die derzeitige Zweiklassenmedizin ist für die Politikerin die »aktuelle Herausforderung«. Außerdem sei eine Reform nötig, um bei den Medizinstudierenden die Hausarztattraktivität hervorzuheben. Ihr Gegenpart, nachdem weitere Gesprächspartner krankheitsbedingt abgesagt hatten, war der Hornberger Arzt Martin Wetzel, der seine Forderungen besonders an die Politik ebenso deutlich formulierte.

Vieles gehe bereits in die richtige Richtung, richtete Bürgermeister Siegfried Scheffold ein »großes Kompliment« an die Hornberger Ärzte mit ihren Kollegen, die »im Voraus denken«. Es sei nötig, Modelle gerade für Frauen zu erfinden. Die Ärzte könnten wiederum aber nicht erwarten, dass alles immer so bleibe wie gehabt. Scheffold forderte, »den Markt mit Medizinern zu fluten, den Numerus Clausus zu senken und die Studienplätze deutlich zu erhöhen«. Was bei den Ingenieuren funktionierte, müsse auch bei den Ärzten sein. Deutlich wurde, dass es viele Ideen, Lösungsansätze und Projekte bereits gibt, ebenso wie Fördertöpfe. Doch die Politikerin, nach eigenen Angaben »auf Krawall gebürstet« und mit einiger Kritik an der Kassenärztlichen Vereinigung, die »ihre Aufgabe nicht grandios macht«, beklagte überdies von einigen Gremienmitgliedern deren Verharren und das Verteidigen von Strukturen, obwohl die Zukunft schon längst eine andere ist.

An die Kommunen gewandt, bemerkte sie, dass diese nicht nur überlebenfähig seien, wenn die Kinderbetreuung stimme, sondern für die Einwohner genauso eine Rolle spiele, ob sie an diesem Ort alt werden können. »Manches ist noch nicht der große Wurf, aber es gibt nicht die eine große Antwort«, bemerkte Hilde Mattheis allgemein zur derzeitigen Gesundheitspolitik.

Wichtig: vor Ort planen

Einig waren sich alle darin, dass für eine bessere Verteilung der Arztsitze die Planungen vor Ort gemacht werden müssen, da keine Region wie die andere ist. »Der Fantasie Raum geben«, dafür sprach sich Hilde Mattheis aus – und dass Berlin nur den gesetzlichen Rahmen geben könne.

»Es gibt die guten Konzepte, die Bereitschaft neue Wege zu gehen, aber leider keine Ärzte«, so Martin Wetzel. Er erläuterte, wie man im Kinzigtal schon seit vielen Jahren am Tüfteln ist und erfolgreiche Initiativen gründete, die bundesweit Beachtung finden. Überhaupt mache man hier schon länger einiges anders und gründete bereits 1992 ein Ärztenetz. Manche hätten ihnen das gar nicht zugetraut. »Wir wollen Freiräume für Lösungen – die Abzweigungen und Umwege haben dürfen«. Konkret werde seit drei Jahren an einem »virtuellen Versorgungszentrum« geplant. »Und vieles geschieht nicht nur aus Eigennutz, sondern es geht um eine hochwertige Versorgung unserer Patienten«, hob Wetzel hervor. Allerdings sehe man bei manchen Dingen noch kein Land.

Die Versorgung in Hornberg stellt sich mit fünf praktizierenden Ärzten, allerdings alle über 60, derzeit noch gut dar. Doch solange gerade Schweizer und einige große deutschen Kliniken angehende Ärzte mit verlockenden Angeboten abschöpfen würden, bleibe die Sache schwierig. »So läuft das nämlich und wir kriegen keine Ärzte her«, stellte Martin Wetzel fest. Aufbau von Kompetenzzentren, Notdienstregelungen, Terminservicestellen, Fahrdienste oder die Erstversorgung von Flüchtlingen waren weitere Themen.

Autor:

Petra Epting