Dieter Müller – Abschied aus dem Rat: „Die Nachsitzungen werden mir fehlen“

In der jüngsten Gemeinderatssitzung verkündete Bürgermeister Siegfried Scheffold den Wunsch von Dieter Müller, jetzt mit Erreichen seines 70. Geburtstages, aus dem Gemeinderatsgremium auszuscheiden. Am kommenden Dienstag steht seine Verabschiedung auf der Tagesordnung. Im Interview blickt der Reichenbacher, der als Stadtrat stets auch an den Ortschaftsratssitzungen teilnahm, auf seine langjährige Tätigkeit in der SPD-Fraktion zurück. Dieser gehörte er von 1994 bis 2004 und noch einmal von 2009 bis heute an.

Sie sind 70 Jahre alt geworden. War das der Anstoß für das Ausscheiden aus dem Gremium?

Ja. 22 Jahre im Gemeinderat sind genug. Ich höre auf solange gesagt wird, schade, dass er geht und nicht, Gott sei Dank, er hört auf. Mein Plan war eigentlich, dass ich noch einmal kandidiere und dann mit 70 Platz für einen Jüngeren mache. Nun geht der Plan nicht ganz auf. Mein Nachfolger Bernd Lages ist nur ein halbes Jahr jünger als ich. Es wird aber ein nahtloser Übergang werden. Bernd nahm an den meisten Fraktionssitzungen und Gemeinderatssitzungen als Zuhörer teil und ist somit mit der Materie vertraut.
Ich kann nicht verstehen, dass man mit 74 Jahren noch einmal als Ministerpräsident antritt oder mit 76 noch einmal für den Bundestag kandidiert. Im Alter baut man ab, und das sollte man akzeptieren und Jüngeren Platz machen. Bei der Gewerkschaft und den Naturfreunden bin ich auch ins zweite Glied zurückgetreten. Ich helfe weiterhin gern mit, aber eben nicht mehr im Führungsteam.
Bei der Tafel fahre ich weiter, so lange es gesundheitlich noch geht. Mir und meiner Familie geht es gut, und so kann ich etwas zurückgeben.

Gibt es Entscheidungen oder verwirklichte Vorhaben, auf die Sie besonders stolz sind? Was war Ihnen immer wichtig und was lief oder läuft Ihrer Meinung nach gut?

Die Baumaßnahmen waren schon berufsbedingt meine Lieblingsthemen. Rathausumbau, Bärenplatz, Stadtsanierung und vor allen Dingen die Ortsumfahrung, für die ich mich parteipolitisch stark gemacht habe. Letztlich war das auch erfolgreich. Dass es ein SPD-Politiker aus dem Wahlkreis war, der zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle saß, das war schon die Krönung meiner Amtszeit.   Letztlich war es auch der Einsatz für die Menschen, denen man helfen konnte, was einem zufrieden macht.

Und was war weniger gut oder halten Sie für dringlich?

Es gab Höhen und Tiefen. Ich erinnere mich gern an die Höhen. Das Amt war durchaus interessant, und ich bin gern Stadtrat gewesen. Ich ziehe mich ja nicht ganz aus der Politik zurück. Parteivorsitzender bin ich ja noch und werde mich als solcher auch weiter einbringen. Langweilig wird es mir nicht. Mit vier Enkeln, Haus und Garten bin ich ausgelastet.

Der Umgang mit den städtischen Wohnungen und der Verkauf derselbigen fand ich nie richtig. Dass wir Wohnungen leer stehen lassen und nicht sanieren ist ein Fehler, zumal Wohnraum dringend gesucht wird, die Kredite günstig sind und durch die Miete wieder Geld reinkommt. Dringenden Handlungsbedarf gibt es bei der Sanierung unserer Straßen in den Ortsteilen und auch in der Kernstadt.

Ihr Nachfolger ist ja nicht neu im Amt, aber trotzdem: Was muss ein heutiger Gemeinderat Ihrer Ansicht nach für Eigenschaften mitbringen?

Jeder Gemeinderat bringt seine eigenen Erfahrungen mit, und das ist sehr wichtig. Gesunder Menschenverstand und Kompromissfähigkeit sind das A und O.

Wenn Sie das Amt bewerten müssten, war es vor zehn Jahren noch einfacher?

Eigentlich nicht. Die Zusammenarbeit unter den Parteien ist gut, und im Vordergrund steht das Wohl von Hornberg und nicht die Parteipolitik. Das war, als ich 1994 anfing, noch nicht so. Da konnte es vorkommen, dass die Fraktionsvorsitzenden Lehmann (SPD) und Stadler (CDU) erst einmal die große Politik erörterten und lautstark ihre Meinungen austauschten. Es konnte durchaus auch geschehen, dass ein Junger mal an das Schienbein getreten wurde, wenn er falsch abgestimmt hat. Das ist heute wesentlich ruhiger und sachlicher. Lautstark gestritten wird nicht mehr.

Wie beurteilen Sie die Rats-Zusammenarbeit?

Bei allen Meinungsunterschieden während der Sitzung  sind wir danach, bis Corona kam, immer noch ein Bier trinken gegangen, und dabei wurden auch wichtige Themen angesprochen. Das zeigt die gute Zusammenarbeit. Diese Nachsitzungen werden mir fehlen.

Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft Hornbergs und seiner Ortsteile?

Mehr Geld, um die anstehenden Projekte verwirklichen zu können. An Ideen fehlt es ja nicht, nur die Finanzierung ist das Problem.

Von Petra Epting